London – Clapham

Wenn man in einer Stadt so groß wie London wohnt, braucht man höchstwahrscheinlich einen überschaubaren Kosmos, um sich dauerhaft heimisch fühlen zu können. Würde ich in der britischen Hauptstadt leben, würde ich sicherlich am liebsten in Clapham in Londons Süden wohnen wollen. Dort war ich vor 20 Jahren bereits das erst Mal, als ich eine Freundin besuchte, die seinerzeit ihr Au Pair-Jahr in der Stadt verbrachte. Von Londonern nördlich der Themse wird der Süden oftmals ein wenig belächelt, ich habe mich jedoch auch dieses Mal wieder superwohl gefühlt. Touristen verirren sich zudem kaum hierher.

Dreh- und Angelpunkt des Viertels ist die Clapham High Street. Die ist regelrecht gepflastert mit Restaurants und Bars. Letztere erschienen mir teilweise ein bisschen prollig. Total empfehlen kann ich allerdings die Bridge Bar für einen Drink vor dem Dinner. Ein paar Straßen nördlich von der High Street gibt es zu dem die Craft Beer Co., die gefühlte 200 Sorten Bier von Micro Breweries in ganz Europa auf Lager hat. Mir persönlich hat das Pig & Porter Skylarking Pale Ale am besten geschmeckt. Im Sommer kann man nicht nur vor der Bar, sondern auch in einer Art Biergarten nach hinten raus sitzen. Seine Drinks holt man wie meist in England üblich an der Bar.

Zu den Lokalen: Für Tex Mex bieten sich Cafe Sol und Mendoza Square für Burritos und Quesadillas an. Burger gibt es zum Beispiel bei Hachés und Byron, wobei Letzeres schon sehr auf Familien ausgerichtet zu sein scheint. So eine Art asiatische Tapas gibt es bei Mommi, das auch über eine stylische Bar verfügt. Reservierungen fürs Dinner werden nur für maximal 90 Minuten vergeben – hoffentlich ist das nicht die Zukunft, die uns für Münchner Lokale ebenfalls blüht. Tolle libanesische und türkische Mezze bekommt man bei Olives & Mezze auf der High Street. Unter den vielen Pubs in der Gegend ist das Falcon auf der Bedford Road beliebt und empfehlenswert. Tollen Soya-Cappuccino habe ich bei 7oZ getrunken –  süßer kleiner Coffee Shop im Hipster Style.

Wenn Ihr so schönes Wetter wie ich haben solltet, stattet dem nahegelegenen Clapham Common Park einen Besuch ab. Dort kann man sich im Sommer auf die Wiese legen und den Jungs beim Rugby spielen zu sehen. Überhaupt hat der Park etwas vom Flair eines College Campus. Gleich um die Ecke liegt mit dem WC eine tolle Bar mit großem Außenbereich – eignet sich hervorragend für einen Sprizz oder Gin Tonic am frühen Abend. Erwähnen muss man auch die edleren kleinen Restaurants und Wine Bars im Viertel. Die preisen auf ihren Menüs im Internet fantastische, überwiegend neu-interpretierte britische Küche an. Das Preisniveau ist aber leider recht gesalzen. Toll sieht zum Beispiel The Dairy aus.

Last but not least liegt das aufstrebende Viertel Brixton nur rund 20 Gehminuten von Clapham entfernt. Das für sein fast schon karibisches Flair bekannte Einwandererviertel ist dabei, im Eiltempo gentrifiziert zu werden. Neben einem Boxpark aus alten Cargo-Containern und bunten Obst-, Gemüse- und weiteren Farmer-Ständen es hier unter dem Dach eines verzweigten Marktes immer mehr tolle Lokale und Brunch-Cafes – darunter zum Beispiel Honest Burger für Burger, eine Reihe von exotischen Läden etwa für karibische und indische Küche sowie gesagt süße Cafés zum Brunchen. Tipp: um 10 Uhr ist hier auf jeden Fall noch überall ein Platz zu finden. Ab 11 Uhr wird es sehr voll und reservieren kann man offensichtlich im Voraus meist nicht. Wir haben tollen Avacado- und Smoked Salmon-Toast bei Federation Coffee gegessen. Toast: den gibt es in vielen Formen zudem im benachbarten Burnt Toast Café.

Clapham und Brixton – eine tolle Seite von London, die viele überraschen wird, selbst wenn sie schon öfters hier waren. Hotels findet man hier zwar so gut wie keine, wenn man früh bucht, lassen sich aber nette Zimmer und ein paar komplette Wohnungen bei airbnb finden.

Malta – Valetta, Sliema und St. Julian

Malta ist so etwas wie Europa im Kleinformat. Die Bewohner sprechen eine Mischung aus Englisch, Maltesisch und Italienisch – dazu kommen vor allem zur Sommerzeit zahlreiche Sprachen der vielen Besucher. Malta ist also eine Art Babel in Inselform. Die Dichte der Bevölkerung zählt im internationalen Ländervergleich zu den höchsten der Welt. Die Städte entlang der nördlichen Buchten gehen nahezu nahtlos ineinander über. Während sich Valetta als UNESCO-Welterbe und die Städtchen im Inselinneren wie kleine architektonische Schmuckkästchen präsentieren, sind St. Julian und Sliema eher von Bausünden entlang der Uferstraße geprägt. Dahinter muten sie jedoch wie die typische mediterrane Stadt an. Daher ist die Erscheinung der jeweiligen Küstenfront verschmerzbar.

Sliema liegt dazu genau gegenüber vom wunderschönen Valetta und bietet somit vor allem an seiner Spitze einen unglaublich schönen Blick auf die UNESCO-Stadt, die im kommenden Jahr europäische Kulturhauptstadt sein wird. Wenn Ihr hier ein bisschen über die Felsen lauft, kommt Ihr zu einer außergewöhnlichen Badestelle im Meer vor der majestätischen Kulisse der Nachbarstadt.

Was gibt es kulinarisch über Malta sagen? Die Zeiten, in denen hier insbesondere Engländer zum Urlaubmachen herkamen und damit auch die Küche beeinflussten, sind lange vorbei. Auch die Nähe Siziliens mit ihrer italienischen Küche ist nicht mehr die einzige Komponente, die sich auf die Gerichte auswirkt.

Mittlerweile findet man hier vom Burger-, Fisch- oder Steaklokal hin bis zum Thai-Restaurant und Inder alles, was man sich wünschen kann. Während die Lokale in Sliema und St. Julian mehr durch ihre Lage am Wasser punkten, sollten sich echte Genießer lieber auf die schönen Restaurants von Valetta stützen. Hauptstraßen sind vor allem Strait und Republic Street. Die Lokale hier bieten zwar ein tolles Flair um draußen zu sitzen, sind aber gleichzeitig eher touristisch. Daher solltet Ihr Euch unbedingt die Mühe machen, in den Nebenstraßen nach den kleinen Lokalen zu suchen, die eher von den Locals und den erfahrenen Malta-Besuchern frequentiert werden.

Das Problem: Im Sommer sind die Lokale hier fast alle sehr voll. Ohne Reservierung ist fast nichts in den schönen Locations zu finden. Gleichzeitig sind die Malteser Gastronomen offenbar nicht sehr fit in Sachen Google, so dass man sie auf der Karte oftmals vorher gar nicht findet. Es hilft nichts: man muss fast zweimal her. Einmal, um sich ein Bild der kleinen Juwele zu machen, die es gibt. Und einmal, um dann vom neuen Wissen zu profitieren. Ich selber muss sicher auch noch einmal herkommen. Zwar waren unsere Besuche im Gululu in St. Julian mit seiner traditionellen einheimischen Küche und die Compass Lounge in Sliema mit dem tollen Blick aus Meer keineswegs schlecht, tausendmal besser hätten mir aber die kleinen süßen Lokale Valettas gefallen.

Auch wenn die Tipps in diesem Fall etwas mau im Vergleich zu meinen sonstigen Reisebeiträgen ausfallen, kann ich Euch zumindest eine gute Empfehlung zum Wohnen geben: Wir residierten in einer riesigen Wohnung mit zwei Schlafzimmern an der Uferfront von Sliema. Von hier aus konnten wir in wenigen Minuten zur Fähranlege-Stelle nach Valetta laufen und hatten von der Glasfront des Wohnzimmers aus einen spitzenmäßigen Blick auf die dortige Bucht. Die Pebbles Boutique Apartments verfügen über Studios und Apartments unterschiedlicher Größe. Im Juni und Juli haben Gäste kostenfreien Zutritt zum Beach Club MedAsia und zum gleichnamigen Restaurant unten im gleichen Gebäude des Hotels, wo man auch das Frühstück einnimmt. Und noch einen Benefit bringt es, im Pebbles zu wohnen: Bei Barzahlung erhält man einen Gutschein über 20 bis 30 Euro für den erwähnten Beach Club. Wir konnten daher toll einen Burger und ein Pad Thai mit Blick über den Pool aufs Meer genießen.

Last but not least möchte ich Euch unbedingt einen Abstecher nach Mdina im Inselinneren von Malta ans Herz legen. Mit dem Bus von Valetta kommt man dort für nur zwei Euro innerhalb von rund 35 Minuten hin. Bevor Ihr durch den mittelalterlichen Teil von Mdina spaziert, wandelt auf jeden Fall vorher auch durch das angrenzende Rabat. Dort könnt Ihr zum Beispiel ein Gläschen Wein in der kleinen Bar Ta‘ Doni trinken. Innerhalb der Stadtmauern von Mdina hat uns das Coogi‘s für unseren Lunch sehr gefallen. Ihr könnt dort in einem süßen, lauschigen Innenhof sitzen. Darüber hinaus gibt es eine tolle Terrasse mit drei, vier Tischen, die anscheinend fast keiner von den Gästen entdeckt. Von hier oben habt Ihr einen fantastischen Blick über den gesamten Inselnorden bis zu den Küstenstädten Sliema, Bugibba, St. Julia und Valetta.

Leipzig – Südvorstadt

Ich war zwar schon fünf Mal im Leben in internationalen Städten wie Athen und Lissabon, aber nach Leipzig und Dresden hatte ich es noch nie geschafft. Mit einem Stopp auf dem Weg von Berlin nach München in Leipzig hab ich das jetzt endlich mal geändert. Eingebucht habe ich mich in einer superschönen Wohnung direkt am Südplatz in der gleichnamigen Südvorstadt. Ganz so hipp wie es wohl vor einigen Jahren war ist das Viertel zwar nicht mehr – ähnelt ein bisschen unserem Schwabing – aber ein guter Ausgangspunkt ist die Südvorstadt dennoch.

Hauptachse ist die langgestreckte Karl-Liebknecht-Straße – kurz Karli genannt – dort erstrecken sich auf mehreren Kilometern Restaurants, Kneipen und Cafés. Bemerkenswerter Weise schwappt die Gastronomie fast keinen Zentimeter in die Nebenstraßen, obwohl diese von den allerschönsten Altbauten gesäumt sind. Gut für die Bewohner: die haben es ruhig, aber dennoch nur ein paar Meter zu der Hauptachse.

Gefrühstückt habe im Café Maitre, das weit über die Grenzen des Viertels hinaus bekannt ist. Französisch wie der Name schon vermuten lässt, gibt es hier nicht nur die übliche Wurst- und Käseplatte, sondern tolle Quiches und Omelettes. Ich hatte zum Beispiel ein Kartoffel-Omelette mit roten Zwiebeln und Cornichons – war sehr gut! Ein paar Straßen weiter gibt es mit der Aperitivo-Bar Salz und Tabak, dem Orient-Restaurant Shady und dem Muffin-Laden Marshalls Mum dann doch ein paar Läden außerhalb der Karl-Liebknecht-Straße. Empfehlen kann ich zudem nahe Südplatz die Hafenbar, die natürlich nichts mehr Wasser zu tun hat, aber über einen tollen Biergarten, hier stets Freisitz genannt, verfügt. Weiter südlich auf der Karli gibt es mit dem Symbiose ein tolles veganes Café, das einen spitzenmäßigen fleischlosen Brunch anbietet.

Weiter südlich kommt Ihr übrigens nach Connewitz, das über mindestens so gut erhaltene Bausubstanz wie die Südvorstadt verfügt, aber noch ein großes Stück von der Gentrifizierung entfernt ist. So stelle ich mir Berlin-Friedrichshain vor gut zehn Jahren vor. Toll essen kann man dort dennoch – zum Beispiel im Zest, einem veganen Restaurant mit fantastischen Craft Bieren, nachhaltigen Weinen und kunstvollen Gerichten mit Soja- und Seitan-Komponenten, die aber mit bis zu 18 Euro reinhauen können. Dem Restaurant sieht man die Preise null an – die Einrichtung wirkt fast schon etwas lieblos. Auf der einen Seite befremdlich, auf der anderen Seite verständlich, weil die hiesige Szene dem Lokal wahrscheinlich sonst Tomaten bei der Eröffnung gegen die Scheiben geworfen hätte.

Es gibt noch so viel mehr spannende Ecken in dieser super-dynamischen Boomstadt. Sehr hipp sind momentan vor allem Plagwitz und Lindenau, die sich derzeit wohl rasant verändern. Auch hier ist alles voller Gründerzeiten-Fassaden und dazu noch alten Lagerhallen und Fabriken aus rotem Backstein, die jetzt regelrecht blühen. Nur die Filialen von toom, Poco und Lidl passen eher schlecht ins Bild. Dreh- und Angelpunkt der hippen Gegend ist die Karl-Heine-Straße mit tollen Lokalen, Cafés und Läden. Am Fluss sitzen kann man zum Beispiel in der Frechen Elster – von der Sonnenterrasse aus guckt man zu, wie die Kanus und Boote vorbeiziehen.

Wer Abwechslung zu der Stadtkultur braucht, findet in Leipzig hohen Freizeitwert – vor allem im Sommer. Die Stadt verfügt über einen immensen Anteil an Parks, Flussläufen und Auenwäldchen. Im Süden von Leipzig gibt es sogar eine ganze Reihe von Badeseen. Zur Erkundung der weitverzweigten Stadt empfehlen kann ich Euch ein Fahrrad, wenn das Leihen auch nicht einfach ist. Ich hatte das Glück, dass mir die Vermieterin meiner Wohnung eines borgte. Leipzig ist sehr fahrradfreundlich mit großen Achsen, breiten Radwegen und häufig auch der Möglichkeit zum Abbiegen trotz roter Ampel.

Wien – Alsergrund

Die österreichische Hauptstadt fand ich in Sachen Ausgehen und Restaurants immer ein bisschen schwierig. Da gibt es doch Schnitzel en Masse wird der eine oder andere nun vielleicht sagen. Aber ich bin ja immer auf der Suche nach ein bisschen moderneren Läden.

Gewohnt haben wir am Schottentor in einer tollen, großen Ferienwohnung mit hohen Decken, Kronleuchtern und Stuck an der Decke: HeyMi. Diese Stelle bildet den Übergang zwischen Innenstadt und Alsergrund – ein guter Ausgangspunkt für viele schöne Lokale.

Frühstücken kann man an dieser Ecke zum Beispiel sehr gut. Bei Jonas Reindl lässt sich zum Beispiel gut brunchen und tollen Kaffee trinken, man findet aber kaum einen Platz, weil die Hipster-Community anscheinend stundenlang mit einem Getränk und dem Laptop beim Arbeiten sitzt. Die Location ist allerdings superschön und stylisch und der Kaffee wird anscheinend inhouse geröstet.

Mein persönlicher Favorit war allerdings das Café Le Marché, wo es ebenfalls exzellenten Kaffee – auch mit Sojamilch – gibt. Zudem haben wir uns richtig in das leckere Avocado-Brot verliebt, was weltweit ja immer mehr zum Trend-Frühstück wird. Bisher hab ich das alles für einen überbewerteten Hype gehalten, jetzt bin ich selber verrückt danach.

Für abends lässt sich die Tour sehr gut im Wein & Co am Ring beginnen, bevor man sich zum Dinner begibt. Die Weine im Handel sind dort total überteuert, aber ein Gläschen von einem niederösterreichischen Tropfen kann man sich hier gut gönnen. Ok – um Schnitzel kam natürlich auch ich nicht ganz rum, da haben wir eindeutig die besten Exemplare im Restaurant Zum Bären gegessen: riesig, hauchdünn und schön gewellt. Unter 17 Euro kommt man mit Kalb nicht weg – deutlich günstiger ist wie überall die Variante aus Schwein, die praktisch genauso zart war, hab beides kosten dürfen.

Wenn Euch danach nach einem leckeren Craft Beer ist, empfehle ich einen kurzen Umweg in die Gassen der Altstadt. Dort gibt es bei Mel’s Diner gefühlte 1.000 Varianten des Getränks. Wenn Ihr noch nicht gegessen habt und trotz Riesenschnitzel beim Bären immer noch Hunger habt, könnt Ihr hier auch exzellente Burger bestellen.

Last but not least lege ich Euch einen Besuch am Ufer des Donaukanals ans Herz. Hier haben sich in den vergangenen Jahren zahlreiche coole Strandbars angesiedelt. Vormittags möchte man nicht für möglich halten, wie voll es hier werden kann, dann ist die Gegend nämlich total ausgestorben. Ab etwa 12 Uhr ändert sich das massiv, ab dann kann man insbesondere bei der Tel Aviv Beach Bar spitzenmäßig abhängen und sich die Sonne ins Gesicht scheinen lassen. Zudem gibt es hier mit das beste Falafel, das ich außerhalb Israels bisher gegessen habe.

Wenn Ihr Nachtschwärmer seid und im Sommer zudem ungern in die Tiefen stickiger Clubs abtauchen wollt, empfehle ich Euch einen Besuch des Pavillons im Volksgarten. Achtung: Das Programm wechselt regelmäßig, daher bitte unbedingt vorher gucken, was an dem jeweiligen Abend geplant ist. Das gilt auch für die angrenzenden Clubs/Bars.

Wenn Ihr dann zu guter Letzt auf dem Heimweg noch Hunger verspürt, zieht Euch unbedingt noch die wohl kalorienreichste Spezialität des hiesigen Street Foods rein: Käskreiner bzw. Eitrige, also Würstl mit Käse drin. Das beugt auf jeden Fall einem fiesen Kater vor!