Wenn es eine explizite Reisewarnung für das Land der Pharaonen gibt, betrifft sie in den meisten Fällen die Halbinsel Sinai. Tatsächlich gibt es hier einen der liberalsten und lässigsten Orte im gesamten Orient. Dahab liegt rund 60 Minuten nördlich von den großen All Inclusive-Resorts von Sharm El Sheikh. Der Wind, der hier weht, ist jedoch ein komplett anderer. Bekannt und erfolgreich wurde der Ort auf etwa halber Strecke nach Taba vor Jahren insbesondere durch junge Israelis, die Tel Aviv für ein paar Tage den Rücken kehrten, um in chilligen Beach Bars am Strand vor der spektakulären Kulisse des Sinai abzuhängen. Und auch wenn die eigene Regierung ihre Landsleute derzeit am liebsten einzeln davon abhalten möchte, dort hinzufahren, können die Israelis es nicht ganz lassen. Ich verstehe sie.
Dahab versprüht zwar nicht mehr das Hippie-Flair wie wohl vor einigen Jahren, ein besonderer Spirit herrscht hier dennoch. Massen-Tourismus ist hier ein Fremdwort, der Anteil der Stamm-Urlauber hoch. Daher kann sich das Örtchen im Vergleich zu Hurghada und Sharm El Sheikh sehr gut halten. Russen, Deutsche und Franzosen haben sich hier teilweise zudem dauerhaft niedergelassen – angelockt von nicht enden wollendem Sonnenschein, der spektakulären Sicht auf das nur 40 Kilometer entfernte Hochgebirge des Nachbarsn Saudi-Arabiens und eben seinen günstigen Preisen für kleine Hotels oder sogar eigene Häuschen unmittelbar am Strand. Nicht zuletzt ist die große Hitze aufgrund des stetigen Windes selbst im Hochsommer gut auszuhalten.
Dahab besteht aus unterschiedlichen Teilen. Im Zentrum gibt es eine typische Promenade. Wer jetzt davor Angst hat, nach typisch ägyptischer Manier penetrant in jeden Laden gezogen zu werden, den kann ich mit gutem Gewissen beruhigen. Tatsächlich scheint der relative Wohlstand der Verkäufer und Gastronomen dazu zu führen, dass man nicht verzweifelt an jedem Reisenden zerren muss. So kann man in aller Ruhe nach einem coolen Café suchen, sich auf den Liegeflächen mit Blick auf das Meer niederlassen und für unglaublich gute Preise orientalische und westliche Speisen genießen.
Wichtig zu wissen: Nur wenige der rund 20 Lokale haben die Lizenz zum Verkauf von Alkohol. Das macht aber nichts, da es in Dahab rund sechs bis sieben sogenannte Drinkies gibt, die für rund 70 Cent pro Dose oder Flasche Bier verkaufen. Spirituosen und Wein gibt es natürlich auch – alles darf man je nach Gusto einfach ins Restaurant mitnehmen und da gemütlich mit dem Essen konsumieren.
Die ägyptische Küche ist der libanesischen übrigens superähnlich. Tabouleh-Salat, Couscous, Falafel oder die Auberginenpaste Baba Ganoush stehen eigentlich fast immer auf der Karte. Und wer abends mal was Westliches oder Asiatisches bevorzugt, isst einfach Pasta, Pizza oder sogar Indisch und Thai! Besonders empfehlen kann ich das Restaurant Friends, unter anderem für frischen Grill-Fisch – der geschmacklich super ist und auch hygienisch völlig unbedenklich ist. Ich hatte in sechs Tagen Kairo/Dahab nicht ein einziges Mal etwas mit dem Bauch. Italienisch könnt Ihr zehn Minuten weiter nördlich bei Dai Pescatori futtern. Obwohl die Besitzer Italiener sind, schmeckt es zwar nicht annähernd so authentisch wie in deren Heimat, die Atmosphäre ist allerdings toll, der Service herzlich und man isst mit den Füßen im Sand – was will man mehr?
Zum Baden ist es am schönsten südlich – dort gibt es so eine Art Sinai-Flaucher, wo sich gegen Sonnenuntergang junge Urlauber aus dem ganzen arabischen Raum versammeln und Musik hören. Auch die Leute aus diesem Kulturraum scheinen die lockere Gangart in und rund um Dahab sehr zu schätzen. Die Kiesbänke hier, das weiche Wasser und der tolle Sonnenuntergang über dem Sinai-Gebirge sind etwas ganz Besonderes. Wohnen? Ist hier super einfach: Lasst Euch einfach bei Airbnb inspirieren – es gibt tolle und gleichzeitig günstige Unterkünfte en Masse. Wer vor dem Rückflug wie wir vielleicht doch noch zwei, drei Nächte im All Inclusive-Hotel in Sharm El Sheikh entspannen möchte, dem rate ich zum Beispiel zum Cleopatra Luxury Resort, das ist zu Recht in seiner Preisklasse das Hotel mit den besten Bewertungen und einem sehr, sehr guten Buffet! In Dahab haben wir dagegen im Dar Dahab gewohnt. Das war sehr gut, aber es gibt so viele schöne Häuser und Zimmer hier zum Mieten, da möchte ich mich in meiner Empfehlung nicht zwangsweise darauf beschränken.