Brüssel – St. Gilles

Wer mich kennt weiß: Ich steh auf Städte im Süden. Mit Brüssel konnte ich mich in der Vergangenheit einfach nicht so recht anfreunden. Und auch bei meiner letzten Reise im Februar wurde ich mit der Europa-Hauptstadt einfach nicht so recht warm.

Aber ein paar „Assets“ hat Brüssel: Neben der Internationalität und Vielsprachigkeit sind das in erster Linie das Bier und das Essen. Davon verstehen die Belgier nämlich was. Gewohnt hab ich in einem schnuckeligen Gästehaus im Stadtteil St. Gilles. Es hat nur drei Zimmer – eines davon ist eher eine Art Apartment mit rund 70 Quadratmetern Fläche samt einem riesigen Bad. Untergebracht ist Un Jardin en Ville in einem schmucken kleinen Jugendstil-Häuschen.

Das Viertel selbst ist up and coming. Wobei die Betonung eher auf coming liegt. Schon sehr gentrifiziert sind dagegen Ixelles und Chatelain. In St. Gilles und drum herum hab ich dennoch schöne kulinarische Dinge entdeckt.

So saßen wir bei milden 13 Grad abends vor dem Café La Biche. Das ist wohl recht neu und derart quirlig, dass man schon deutlich auf sich aufmerksam machen muss, um was zu bestellen. Die Karte umfasst gefühlte 30 Sorten Flaschenbier, die ich allesamt nicht kannte – zum Beispiel Baby Lone. Beinahe allen Getränken ist eines gemeinsam: Sie sind stark und haben bis zu neun Prozent Alkohol. Entsprechend schnell ist man betrunken – entsprechend schnell kommt man ins Gespräch. Zum Snacken gab es dreierlei Hummus, Brot und Käsewürfel. Letztere wurden einer Käsenation nicht ganz gerecht, waren als Snack aber ok.

Am nächsten Tag hatten wir Lunch in einer kleinen Pizzeria – DA Momo Rosticceria. Und auch wenn die Jungs, die den Laden führen, etwas verpeilt wirkten und sicherlich alles andere als italienisch waren, war das Essen spitze. Gleich nebenan befindet sich mit Kitchenette ein kleiner Backladen, wo es süße Leckereien als Dessert gibt.

Schräg gegenüber auf der selben Kreuzung befindet sich das Café la Pompe. Hier treffen sich vor allem abends viele junge Leute. Man kann dort auch frühstücken. Der Service war jetzt nicht gerade auf Zack. Ich hatte das Gefühl, dass die Restaurants in Brüssel prinzipiell oft ein wenig Personalmangel haben, daher sind die manchmal vielleicht auch einfach überfordert. Persönlich zu verunsichern scheint sie das nicht.

Ähnlich sah es in einem marokkanischen Restaurant aus: Bab Dar. Hier musste das Team ordentlich rennen, um alle zu bedienen. Das Essen war jedoch hervorragend. Hierzulande bekommt man überaus schwer marokkanische Tajine. In Belgien und Frankreich ist diese Spezialität aus dem Tongefäß sehr beliebt. Ich hatte eine Tajine mit butterweichem Lamm und Pflaumen. Mein Schatz entschied sich für Kefta – Fleischbällchen mit Koriander und einem Spiegelei. Beides war sehr gut, kostete aber pro Hauptgericht rund 20 Euro.

Das kulinarische Highlight hab ich am zweiten Abend in einem Restaurant im Zentrum erlebt. Das Lokal heißt Jour de Fete, ist ganz bunt gestaltet und diente ehemals dazu, die Location für Geburtstage zu vermieten. Heute kann man dort auch zu zweit reservieren, gefeiert wurde am Nebentisch dennoch. Das reduzierte also auch hier wieder das Tempo und die Aufmerksamkeit durch die Bedienung. Aber die Stimmung war lustig und es gab viel zu sehen.

Als Vorspeise lässt man sich an der Vitrine der offen gestalteten Küche ein Kombi aus Rohkost-Salaten wie Rote Beete, Chicoree oder Linsen zusammenstellen. Als Hauptgerichte wählt man zum Beispiel eine von zwei Fleischoptionen. Zudem steht jeden Tag ein Fisch-, Pasta, oder Veggie-Gericht auf der Karte. Wir hatten Spanferkel – zu flämisch Spaanvarkel – und waren sehr zufrieden.

Auch wenn Brüssel nicht meine liebste Stadt in Europa ist und es sicher nie werden wird: Essen und Trinken kann man hier sehr sehr gut! Der Service ist meist langsam, die Preise so hoch wie in Paris. Aber geschmeckt hat es überall sehr.