Utrechtsestraat in Amsterdam

Normal berichte ich dieser Kategorie ja gerne über kulinarische Viertel in anderen Städten. In Amsterdam muss ich das Ganze ein wenig weiter fassen, weil eigentlich die gesamte holländische Hauptstadt eine Schlemmermeile ist. Die airbnb-Bude für mich und meine Mutter befand sich auf der Utrechtstestraat im südlichen Grachtengürtel um die Altstadt – und diese Location war ganz unbeabsichtigt ein kulinarischer Glücksgriff.

Vor allem für jemanden wie mich, der auf asiatische Küche abfährt . Alleine auf dem Abschnitt zwischen Keizergracht und Prinsengracht gibt es auf engstem Raum satte fünf indonesische Restaurants – mit der bei Touristen und Locals gleichermaßen beliebten Rijstafel. Die kostet zwar gut 30 Euro pro Nase, aber da die meisten von uns mit der indonesischen Küche nicht so wahnsinnig vertraut sind, ist sie ideal zum Durchprobieren. Meine Mom und ich haben uns für das Restaurant mit dem bizarren Namen Tempo Doeloe entschieden. Mit auf der bestellten Platte: Curry-Rind, heißer Salat mit Kokosraspeln, Saté-Spießchen, scharfe Schrimps sowie Kracker aus Reis und Krabben. Für die Nachspeise war anschließend beim besten Willen kein Platz mehr. Auch die zwei Sorten Reis zu den tapasähnlichen Pröbchen musste ich aus „Platzmangel“ überwiegend verschmähen. Nicht verzichten wollten wir allerdings beide auf den anschließenden Verdauungslikör, der hier traditionell aufs Haus geht: Saya – ein Gebräu, das nach Lebkuchen-Gewürz schmeckt und Zutaten wie Muskatnuss, Ingwer, Vanille und Kardamom enthält.

Wenn Ihr auf der Utrechtsestraat Richtung Norden oder Süden geht, findet Ihr übrigens eine ganze Ladung weiterer Locations für jeden Geschmack – mexikanisch, argentinisch, thailändisch, italienisch, veggie und sogar tibetanisch. Auch Frühstückscafés gibt es auf der Meile bis zum Umfallen – zu empfehlen: Klaver 4, Brug 34 oder Toon, wo man traditionelle Pannekoeken unter einem alten Fiat 500 speisen kann.

Eher überbewertet fand ich übrigens das Viertel De Pijp rund um den Sarphatipark weiter südlich – in der Nähe der Heineken Brauerei. Die Restaurants hier können bei Weitem nicht mit denen näher am Zentrum mithalten, sind aber um einiges günstiger. Und zwischendrin finden sich schon auch ganz nette Läden – in Amsterdam wird man ja eigentlich immer satt. Wenn Ihr nur was auf die Hand sucht, stattet dem Albert Cruyp Markt auf der gleichnamigen Straße einen Besuch ab und gönnt Euch wie wir nen frischen Smoothie oder eine Fischsemmel! Ein bisschen enttäuscht war ich von den überteuerten Torten im nahegelegenen Kultcafé De Tart van m‘n Tante in der Ferdinand Bolstraat. Da kann man in den erwähnten Frühstückscafés leckerer und günstiger essen – auch wenn man auf Süßkram steht. Eine Sehenswürdigkeit für sich ist der Laden allemal – schon alleine wegen der bunten, kitschigen Einrichtung – und nicht zu vergessen wegen des ausgestopften Wellensittichs auf einer der Ausstellungstorten… Eet smakelijk!

San Lorenzo in Rom

Bereits zwei Mal hatte ich versucht, der italienischen Gastro-Seele in der Vergangenheit auf den Grund zu gehen. Richtig gelungen ist es mir nicht. Denn auch im angeblich angesagten Trastevere zieren TripAdvisor-Sticker die Türen und fünfsprachige Speisekarten locken die Gäste aus aller Herren Länder. Irgendwer gab mir schließlich den Tipp, mal in San Lorenzo nach den sprichwörtlichen Trüffeln zu suchen. Und in der Tat – da wurde ich fündig.

Das Viertel befindet sich irgendwo hinter dem Hauptbahnhof – eingezwängt zwischen Bahngleisen, Friedhof und Unigebäuden aus den Sechzigern – kann also nicht mehr dem Prunk von Monti und anderen Vorzeige-Vierteln mithalten. Dafür zieht es aber auch nahezu ausschließlich Einheimische – insbesondere Studenten, Künstler und andere Alternative an. Bars, Trattorien, kleine Pizzerien und viele, viele Wand-Graffitis liefern alles, was so ein römisches In-Viertel braucht. Tagsüber geht es gemächlich zu. Kaffeetrinken könnt Ihr zum Beispiel in der Bar dei Brutti oder in der Streat Bar.  Abends geht es dann so richtig ab, denn dann sind die Straßen voll von jungen Leuten, die ihr Bierchen selbst im Winter lieber im Freien als am Tresen trinken. Einen Wermutstropfen gab es für mich allerdings, denn mit 34 zähle ich hier komplett zum alten Eisen.

Dazu kommt noch, dass Rom nun mal nicht Kreuzberg ist. Während die deutsche Hauptstadt das Alleinsein und die Individualität zelebriert, wurden italienische Städte nun einmal einfach für Gruppen oder Familien gemacht. Das gilt auch oder vielleicht besonders für San Lorenzo – deswegen schmeckt mir die eigentlich recht feine Pizza im Sanlollo auch nur halb so gut. Aber hey – mit der passenden Begleitung von Freunden oder dem Partner ist San Lorenzo genau die Art von Italien, die ich cool finde. Lust bekommen? Dann startet am besten in der Via dei Sabelli, von dort aus ist die Orientierung kinderleicht…Wer nicht unbedingt was Italienisches essen möchte, kann sich zum Beispiel einen Burger bei Ferrovecchio gönnen. Literatenfeeling zum Espresso gibt es dagegen im libreria caffé giufà.

 

Cihangir in Istanbul

Die größte Stadt der Türkei steht schon lange nicht mehr nur für Dürüm und Lamm-Spieß. Vor allem auf der moderneren Seite der Stadt (Beyoglu) südlich des berühmt-berüchtigten Taksim-Square haben junge Leute ganze Straßenzüge in Café- und Restaurant-Meilen verwandelt. Neben Karaköy, dem Viertel, das unmittelbar an das nördliche Ende der bekannten Galata-Brücke grenzt, hat sich vor allem Cihangir einen Namen gemacht. Bester Punkt für den Start eines Bummels ist die Ecke der beiden nicht ganz einfach auszusprechenden Straßen Firuzaga Cami Sokuk und Siraselviler Caddesi.

Hier warten gefühlte 20 süße Cafés und Restaurants darauf, entdeckt zu werden. Die Istanbuler haben in den letzten Jahren ihre Leidenschaft für Gastronomie entdeckt, deswegen lohnt es insbesondere am Wochenende, einen Platz in den Restaurants zu reservieren. Diese sind teilweise übrigens nicht unbedingt günstig – eben gerade weil sie auch bei der neuen Oberschicht Istanbuls sehr beliebt sind. Die Cafés präsentieren sich dagegen um einiges entspannter. Überhaupt scheinen Kaffee und Kuchen fester Bestandteil der Stadt geworden zu sein – faszinierend, welch eine Hochkunjunktur Capucchino, Latte Macchiato und Co. in Istanbul haben – das Markenschild des österreichischen Kaffeerösters Julius Meinl ist daher auch allgegenwärtig – insbesondere in Cihangir und Karaköy. Es scheint fast so, als wäre westliche Kaffeehaus-Kultur so etwas wie ein Symbol der modernen Bevölkerung, die – wie wir alle wissen, derzeit so tief gespalten ist wie kaum zuvor. Latte Macchiato als Ausdrucksmöglichkeit für das Lebensgefühl „Go West“? In Istanbul auf alle Fälle…