Gepostet am 09.06.2015 / von Roberto La Pietra
Als ich vor rund vier Jahren in Marrakesch war, hab ich die Stadt auf völlig falschem Fuß erwischt. Ein komischer Typ trat mir in der Medina in die Hacken, weil wir keine Citytour von ihm wollten. Meinem Kumpel spuckte er sogar ins Gesicht. Überhaupt hatte ich damals das Gefühl, dass bei Touristen und Locals Welten aufeinanderprallen, die oftmals zu ziemlich unangenehmen Begegnunge führen. Betteleien und aufdringliche Verkäufer waren da noch das Harmloseste. Entweder hab ich Marrakesch damals völlig untypisch erlebt oder die Stadt hat sich komplett gewandelt. Bei meinem Besuch an Neujahr war ich nämlich absolut begeistert. Die Leute erschienen mir überwiegend höflich – keiner wollte uns was aufschwatzen und die Preise der Händler wirkten überhaupt nicht überzogen.
Auch kulinarisch hab ich in der Altstadt, aber auch außerhalb davon, tolle Entdeckungen gemacht. Süß ist zum Beispiel das kleine Henna Café. Dort gibt es nicht nur kleine Snacks wie Salat und Hummus für Mittag, sondern für ein paar Euro noch Verzierungen für die Hand (für die Mädels natürlich). Abends waren wir im Le Foundouk zum Speisen, was sich orientalisch und edel präsentierte, im Vergleich aber hochpreisig und eher schwer zu finden war. Stylisch ist die Dachterrasse der Terrasse des Epices (nicht zu verwechseln mit Café des Epices, was aber auch ganz nett ist). Hier muss man abends unbedingt vorbestellen und hat die Wahl zwischen Couscous und Tajine, dem traditionellen Schmorgericht aus dem Tontopf. Nicht gerade ein Geheimtipp, aber lohnenswert ist ein abendlicher Besuch des Gauklermarktes Djemaa El Fna mit seinen Schlangenbeschwörern und Händlern. Nach Sonnenuntergang verwandelt sich der Platz in eine riesige Garküche mit günstigen Speisen und allerhand Ständen mit getrocknetem Obst, Nüssen und süßem Gebäck. Das Beste: die Preise sind sehr niedrig. Die Terrassenrestaurants um den Platz herum sind kulinarisch nicht der Brüller, bieten aber natürlich den besten Blick.
Wenn Ihr ein edles Ambiente erleben möchtet, dann stattet dem Boutiquehotel El Fenn einen Besuch ab. Es ist ohne Übertreibung eines der schönsten Hotels, die ich je gesehen hab. Die Übernachtungspreise sind sehr hoch. Aber für einen Kaffee oder einen Sundowner auf der großen Dachterrasse reicht das Budget sicherlich.
Mindestens so spannend wie die Locations in der Medina fand ich die Cafés und Restaurants in Guéliz – dieses Viertel grenzt an die Altstadt und ist kulturell der Gegenpol zur Medina. Hier halten sich die „modernen“, aber sicherlich auch reicheren Marokkaner auf. Einen tollen Blick auf die Stadt und das oftmals schneebedeckte Atlas-Gebirge habt Ihr von der Dachterrasse des Renaissance Hotels aus. Weder Essen noch Service sind hier sonderlich gut, aber Ausblick und Location sind unschlagbar. Hier also am besten einen Gin Tonic nehmen und dann fürs Dinner weiterziehen. Für das Abendessen ist die Djellabar einen Besuch wert, das sich ebenso modern wie orientalisch präsentiert. Die Wandbilder zieren Berühmtheiten wie Marylin Monroe in einer Art Pop-Art samt traditionellem Fez Hut. Die Preise sind auch hier höher als im Schnitt, aber nicht teurer als das Niveau in München. Zudem bekommt Ihr hier Wein und Bier, was nicht überall der Fall ist.
Solltet Ihr mal nach Marrakesch kommen, versucht ein Hotel bzw. Riad (traditionelles marokkanisches Haus) am westlichen Rand der Medina zu bekommen. Auf die Weise könnt Ihr die Altstadt gut erkunden und seid schnell beim El Fenn sowie auf dem Djemaa el Fna. Wenn Euch das Gewusel zu anstrengend wird, könnt Ihr aber innerhalb von nur zehn Minuten nach Guéliz flüchten und schwuppdiwupp habt Ihr wieder europäische Verhältnisse. Guéliz und die Medina: In jederlei Hinsicht eine tolle Kombi!