Gepostet am 07.07.2017 / von Roberto La Pietra
Ich war zwar schon fünf Mal im Leben in internationalen Städten wie Athen und Lissabon, aber nach Leipzig und Dresden hatte ich es noch nie geschafft. Mit einem Stopp auf dem Weg von Berlin nach München in Leipzig hab ich das jetzt endlich mal geändert. Eingebucht habe ich mich in einer superschönen Wohnung direkt am Südplatz in der gleichnamigen Südvorstadt. Ganz so hipp wie es wohl vor einigen Jahren war ist das Viertel zwar nicht mehr – ähnelt ein bisschen unserem Schwabing – aber ein guter Ausgangspunkt ist die Südvorstadt dennoch.
Hauptachse ist die langgestreckte Karl-Liebknecht-Straße – kurz Karli genannt – dort erstrecken sich auf mehreren Kilometern Restaurants, Kneipen und Cafés. Bemerkenswerter Weise schwappt die Gastronomie fast keinen Zentimeter in die Nebenstraßen, obwohl diese von den allerschönsten Altbauten gesäumt sind. Gut für die Bewohner: die haben es ruhig, aber dennoch nur ein paar Meter zu der Hauptachse.
Gefrühstückt habe im Café Maitre, das weit über die Grenzen des Viertels hinaus bekannt ist. Französisch wie der Name schon vermuten lässt, gibt es hier nicht nur die übliche Wurst- und Käseplatte, sondern tolle Quiches und Omelettes. Ich hatte zum Beispiel ein Kartoffel-Omelette mit roten Zwiebeln und Cornichons – war sehr gut! Ein paar Straßen weiter gibt es mit der Aperitivo-Bar Salz und Tabak, dem Orient-Restaurant Shady und dem Muffin-Laden Marshalls Mum dann doch ein paar Läden außerhalb der Karl-Liebknecht-Straße. Empfehlen kann ich zudem nahe Südplatz die Hafenbar, die natürlich nichts mehr Wasser zu tun hat, aber über einen tollen Biergarten, hier stets Freisitz genannt, verfügt. Weiter südlich auf der Karli gibt es mit dem Symbiose ein tolles veganes Café, das einen spitzenmäßigen fleischlosen Brunch anbietet.
Weiter südlich kommt Ihr übrigens nach Connewitz, das über mindestens so gut erhaltene Bausubstanz wie die Südvorstadt verfügt, aber noch ein großes Stück von der Gentrifizierung entfernt ist. So stelle ich mir Berlin-Friedrichshain vor gut zehn Jahren vor. Toll essen kann man dort dennoch – zum Beispiel im Zest, einem veganen Restaurant mit fantastischen Craft Bieren, nachhaltigen Weinen und kunstvollen Gerichten mit Soja- und Seitan-Komponenten, die aber mit bis zu 18 Euro reinhauen können. Dem Restaurant sieht man die Preise null an – die Einrichtung wirkt fast schon etwas lieblos. Auf der einen Seite befremdlich, auf der anderen Seite verständlich, weil die hiesige Szene dem Lokal wahrscheinlich sonst Tomaten bei der Eröffnung gegen die Scheiben geworfen hätte.
Es gibt noch so viel mehr spannende Ecken in dieser super-dynamischen Boomstadt. Sehr hipp sind momentan vor allem Plagwitz und Lindenau, die sich derzeit wohl rasant verändern. Auch hier ist alles voller Gründerzeiten-Fassaden und dazu noch alten Lagerhallen und Fabriken aus rotem Backstein, die jetzt regelrecht blühen. Nur die Filialen von toom, Poco und Lidl passen eher schlecht ins Bild. Dreh- und Angelpunkt der hippen Gegend ist die Karl-Heine-Straße mit tollen Lokalen, Cafés und Läden. Am Fluss sitzen kann man zum Beispiel in der Frechen Elster – von der Sonnenterrasse aus guckt man zu, wie die Kanus und Boote vorbeiziehen.
Wer Abwechslung zu der Stadtkultur braucht, findet in Leipzig hohen Freizeitwert – vor allem im Sommer. Die Stadt verfügt über einen immensen Anteil an Parks, Flussläufen und Auenwäldchen. Im Süden von Leipzig gibt es sogar eine ganze Reihe von Badeseen. Zur Erkundung der weitverzweigten Stadt empfehlen kann ich Euch ein Fahrrad, wenn das Leihen auch nicht einfach ist. Ich hatte das Glück, dass mir die Vermieterin meiner Wohnung eines borgte. Leipzig ist sehr fahrradfreundlich mit großen Achsen, breiten Radwegen und häufig auch der Möglichkeit zum Abbiegen trotz roter Ampel.