Gepostet am 10.06.2014 / von Roberto La Pietra
Unter den Metropolen Frankreichs nimmt Marseille für mich eine ganz besondere Rolle ein. Die Stadt gilt also rauh, ist aber ebenso spannend, multikulti und dynamisch. Nicht erst seit dem Kulturjahr 2013 wird Marseille auch für die Franzosen zunehmend zur Alternative für Paris. Die Mieten dort haben sich in den letzten Jahren derartig in die Höhe geschraubt, dass es insbesondere die Jungen und Kreativen in andere Städte zieht. Neben Bordeaux, Lyon und Toulouse profitiert davon eindeutig auch Marseille. Immer mehr Hipster, aber auch junge Familien suchen ihr Glück im Süden. Die Vorteile liegen auf der Hand. Eine Wohnung mitten im Zentrum kostet in Marseille soviel wie ein kleines Zimmer in der Hauptstadt. Obendrauf gibt es noch eine kräftige Portion schönes Wetter und die grandiose Küste entlang der sogenannten Calanques – nur einen Steinwurf vom Zentrum entfernt.
Junge Leute bringen natürlich auch ein Faible für gutes Essen mit – und das wird in Marseille vielerorts absolut befriedigt. Mein liebstes Viertel ist die Gegend rund um den Cours Julien. Hier gibt es nicht nur eine ganze Menge Bars und Cafés, sondern auch Restaurants nahezu jeglicher Couleur – darunter natürlich provençalisch, aber ebenso italienisch, libanesisch und marokkanisch. Gerade Letzteres findet man hierzulande ja überaus schwer. Auch Burger und Raclette werden rund um den Cours Julien angeboten. Ich habe mich für orientalisches Essen entschieden und mir bei Dar Nejma eine leckere Tajine gegönnt – in diesem Lehmgefäß werden Huhn, Lamm oder Rind butterweich gegart. Dazu gibt es meist süße Beilagen wie Mandeln oder Pflaumen. Einfach grandios.
Wer Exotisches Essen mag, wird in Marseille prinzipiell fündig. Mehr als die Hälfte der Einwohner verfügt über einen Migrationshintergrund – meist aus den Ländern des Maghreb, also Algerien, Marokko oder Tunesien. Ebenso kommen viele Leute aus Schwarzafrika. Das gibt der Stadt eine interessante Würze – auch oder gerade wenn es ums Essen geht. Sehr bunt geht es vor allem im Viertel Noailles zu – dies liegt entlang der Rue d‘Aubagne zwischen dem erwähnten Cours Julien und dem Vieux Port. Dieser alte Hafen wurde im Zuge des Kulturjahres 2013 komplett modernisiert. Natürlich wimmelt es auch hier an Restaurants – die sind aber erwartungsgemäß um einiges touristischer als die in Noailles oder weiter hangaufwärts.
Lecker schlemmen lässt es sich auch entlang der Küste – von der Plage des Catalans südwärts bis zu den Dörfchen entlang der erwähnten Calanques. Mein “Local Expert” brachte mich zu L’Abri Cotié. Neben einem eher schicken Restaurant über dem Strand gibt es hier auch eine Open-Air-Lounge für Cocktails und kleinere Snacks zum Sonnenuntergang. Zur Auswahl stand unter anderem eine Art Korb voller Rohkost wie Karotten, Blumenkohl, Tomaten oder Chicoree. Diese Zutaten werden dann in eine würzig-salzige Soße aus Sardellen getunkt. Klingt erstmal komisch, schmeckt aber super und hat praktisch keine Kalorien. Die haben wir uns nämlich für die anschließende Pizza aufgespart. Die gab es nur wenige Meter vom Strand entfernt in einem kleinen schrulligen Laden. Verspeist haben wir sie stilecht beim Sonnenuntergang an der Anse des Sablettes. Ja ja – so lässt es sich leben!
Cours Julien:
Anse des Sablettes: http://www.abricotie.com/