Gepostet am 05.08.2018 / von Roberto La Pietra
In diesem Jahr bin ich volle Kanne auf dem Osttrip. Nachdem Städte wie Barcelona, Lissabon oder Berlin zunehmend aus allen Nähten platzen, sind die Metropolen in Ländern wie der Ukraine oder im Baltikum nicht nur erfrischend günstig und leer, man kann auch noch hervorragend dort essen.
Bukarest stellt da keine Ausnahme dar. Unter den Städten im Osten ist sie wohl die „wildeste“. Das heißt: Es ist bei Weitem noch nicht alles saniert, so dass immer wieder Räume für Entwicklung – auch gastronomische – entstehen. Zudem gibt es eine gewisse Aufbrauchstimmung im Land und die jungen Leute verlassen nicht mehr alle zwingend die Heimat auf der Suche nach mehr Arbeit im Westen.
Bukarest ist optisch eine ungewöhnliche Stadt. Die Epochen der letzten Jahrzehnte haben alle ihre architektonischen Spuren hinterlassen – teilweise vier oder fünf Exemplare in nur einer Straße. Da stehen prachtvolle, aber auch morbide Jugendstil-Bauten neben angestaubten Bauhaus-Häusern, Neo-Renaissance-Villen, Nachkriegssünden oder schick sanierten Art-Nouveau-Fassaden. Nur: Die Stadt promotet ihre Schätze in keinster Weise. Wahrscheinlich könnten viele Besucher damit aber auch nichts anfangen. Denn schön oder ästhetisch ist die Stadt sicher nicht auf den ersten Blick.
Ein absolutes Plus ist aber sicher die Gastro-Szene. Die traditionelle Küche Rumäniens ist eher fleischlastig und alles andere als fancy. Vielleicht wird die irgendwann noch aufgepimt, momentan sind die rumänischen Restaurants aber alles andere als charmant. Ganz anders die coolen Biergärten, die überall in Hinterhöfen alter Häuser aus dem Boden sprießen. Da sitzen die jungen Bukarester und schlürfen ihren Latte, ihr Craft Beer oder lassen sich ihren Brunch schmecken. Allen voran zu nennen sind Dianei 4, Gradina Eden oder Alt+Shift.
Darüber hinaus hat die Stadt eine große Szene an coolen Cafés, in denen sich die Baristas schon fast filmreif an jedem Flat White und Cold Brew-Kaffee verkünsteln. Eine wahre Darbietung sind zum Beispiel die Zeremonien am Tresen des Café Origo. Nicht zuletzt gibt es auch eine coole Barszene – wer gerne lokal gebrautes Bier aus kleinen Brauereien mag, sollte der Romanian Craft Beer Bar einen Besuch abstatten.
Fine Dining ist für unsere Verhältnisse überaus günstig. Wer sich also was gönnen will, kann ins Social 1, ins Stadio oder in Raionul de Peste gehen. Dort gibt es tolle Fleisch- und Fischgerichte zu einem Bruchtteil von Münchner Preisen. Nur eines sollte man wissen: Das Service-Niveau ist meist nur solala. Zwar stimmen Ambiente der Lokale und Qualität der Speisen in aller Regel, die Kellner sind meist aber unglaublich langsam und man muss ihnen manchmal regelrecht hinterher rennen, um die Rechnung zu ordern oder einfach nur die Speisekarte zu ergattern.
Ich kann jeden dennoch nur zu einem Trip nach Bukarest animieren. Jetzt ist die Stadt nämlich in der besten Phase. Man sieht noch, woher die Metropole historisch kommt, dennoch gibt es tolle Dinge, die entstehen. In fünf Jahren ist die Stadt womöglich durchgentrifiziert und die beachtliche Bausubstanz ist renoviert wie ein paar bunte Stücke Kuchen. Die Altstadt sieht teils bereits aus wie ein Puppenstübchen. Cool ist dort allerdings die Dachbar des Hostels Pura Vida. Vor der aus hat man einen tollen Blick über die Dächer der Stadt und trinkt gemütlich seinen Cocktail.